Meine Begriffsbestimmungen
 
Zur Vermeidung von Missverständnissen hier meine persönliche Sicht und Begriffsbestimmung:
	Nachricht kommt von „danach richten“. Wenn etwa ein Fugger von seinem italienischen Mitarbeiter die Nachricht bekam, dass in Italien Bernstein begehrt sei, dann zog er davon vielleicht ein wenig südlichen Überschwang ab, besorgte aber Bernstein, um ihn in Italien mit Gewinn zu verkaufen. Meldete dagegen ein Hansekaufmann, dass italienische Nudeln in den Häusern der Reichen in Norddeutschland Mode seien, dann orderte der Fugger mehr Nudeln, denn er kannte seinen nüchternen Hansekaufmann. - Hier zeigt sich schon, dass Nachrichten in der Sache zwar nur Fakten enthalten sollten, aber der Absender (Autor, Verlag, Sender) und seine Persönlichkeit (Weltanschauung) doch berücksichtigt werden sollten.
 Reportage ist das Schildern des Erlebten im Idealfall im Augenblick des Geschehens. Das ist eine hohe Kunst und erfordert große Geistesgegenwart. Auch eine gute Vorbereitung ist hilfreich und sei es nur, dass der Sportreporter die Namen der Sportler in der richtigen Schreibweise oder Aussprache erlernt und sich zu jedem zusätzliches Wissen aneignet, oder zumindest bereit gelegt hat.
Interview (wird meist mit „Befragen“ übersetzt, was aber näher zum Verhör liegt, als beim Gespräch) meint ein Gespräch, bei dem die Persönlichkeit, oder deren Wissen und Ansichten durch geschickte Fragen heraus gearbeitet werden. Geschieht das in Funk und Fernsehen direkt (also ohne vorherige Aufzeichnung) ist auch das eine hohe Kunst und erfordert viel Vorarbeit. Der Deutschlandfunk hatte mal ein ganzes Büchlein über das Interview, in dem aufgezeigt wurde, dass sich der Fragende ausgiebig mit der Person des Gesprächspartners beschäftigen sollte, bis hin zu dessen Liebhabereien und Eigenheiten, um darauf im Gespräch bei Bedarf zurück greifen zu können. Das gute Interview erfordert also eine Menge Vorarbeit, selbst, wenn das eigentliche Gespräch, die Aufnahme oder Sendung später kurz ist. 
Bericht bedeutet, dass darin alles Wissenswerte zu einem mehr oder minder begrenzten Thema zusammengetragen und nüchtern aufbereitet wurde. Dazu kann es nötig sein sich am Ort des Geschehens umzusehen, verschiedene Menschen zu befragen, unterschiedliche Ansichten zu sammeln und einzuordnen. Ein Bericht sollte zumindest enthalten wer wo wie handelt und warum; welche Folgen das für Andere hat, zumindest wer direkt davon betroffen ist, aber auch was das für die Allgemeinheit bedeutet; dazu können Ansichten von Fachleuten kommen und die Bedeutung des Vorgangs einzuordnen und, wenn das einen zusätzlichen Blickwinkel eröffnet auch, was Unbeteiligte davon halten. Im Gegensatz zur Nachricht, die im Idealfall nur Fakten liefert, ordnet der Bericht ein, erklärt, wie es dazu kam und wohin das führen könnte.
Kommentar (schon wieder ein Fremdwort, das vielleicht vom lateinischen „cum mens“ mit Verstand abgeleitet ist) bezeichnet einen Meinungsbeitrag, der mit dem Namen des Autors gekennzeichnet und in Funk und Fernsehen meist auch von diesem vorgetragen wird. Es gab Zeiten, als beim Südfunk der Autor bis zu fünf Stunden Zeitungen und andere Literatur zum Thema las, um dann den „Kommentar zum Tage” zu schreiben und zu sprechen. Da wurden viele Argumente gesammelt, bewertet und schließlich in einer Zusammenschau vorgetragen. 
Neben solchen ziemlich ausgewogenen Betrachtungen zu einem Thema, zu Ketten von Argumenten, die unter Umständen zu überraschenden Ergebnissen führen, gibt es Kommentare, die Pro und Contra erläutern, oder Erklärungen, wieso der Autor zu einer anderen Meinung kommt, als die Mehrheit. Daneben gibt es dann aber auch Kommentare, die statt von Argumenten eher von der (vorgefassten?) Meinung des Autors ausgehen und die Fakten entsprechend auswählen. Das geht dann schon in Richtung Pamphlet oder Streitschrift.
 Essay (noch ein Fremdwort für das alte Wort „Traktat“) das Wikipedia so erklärt:  „Essay ist eine geistreiche Abhandlung, in der wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene betrachtet werden. Im Mittelpunkt steht die persönliche Auseinandersetzung des Autors mit seinem jeweiligen Thema.” - Im Blick auf den Geist-Reichtum eines guten Essays kann man den Essay als den „großen Bruder” des Aphorismus auffassen.
	Glosse (von altgriechisch „Zunge, Sprache). Auch hier ist Wikipedia sehr schön kurz: „Glosse ein kurzer und pointierter, oft satirischer oder polemischer, journalistischer Meinungsbeitrag in einer Zeitung, einer Zeitschrift und im Fernsehen.” Ich finde zur Glosse gehört unbedingt Witz (auch im Sinn von Humor, aber eben auch im Sinne von Geist).
	Feature (noch ein Fremdwort) laut Wikipedia: „Das Radio-Feature (auch Rundfunk-Feature oder Radio-Dokumentation genannt) ist ein nicht-fiktionales Hörfunk-Genre, das sich nach 1945 neben dem Hörspiel in den Kulturprogrammen des Hörfunks verschiedener europäischer Länder etabliert hat. Ein Radio-Feature verbindet unter anderem Elemente von Hörspiel, Dokumentation und Reportage. Ende der 1930er-Jahre wurde es in Großbritannien durch die BBC beliebt und erstmals als eigenständiges Stilelement wahrgenommen.”
    Kurz man kann in einem Feature fast alles machen. Einige Kollegen missverstanden das als Aufforderung Beiträge möglichst „bunt” zu machen. Sie sprachen dann aber davon, dass man en Beitrag „verfeaturen” solle, vermutlich weil das professioneller klang. Dabei dient im Feature die mögliche formale Vielfalt dazu Inhalte anschaulicher zu vermitteln. „Bunt” dagegen ist eher bei „reißerisch” angesiedelt.
Wenn ich hier immer wieder Wikipedia zitiere, dann nicht etwa weil ich Wikipedia für das Maß aller Dinge im Journalismus halte, sondern, weil es eine für Viele zugängliche Quelle ist, die für Interessierte Verknüpfungen (Links) zu weiter führenden Informationen enthält, etwa zu den Standardwerken zum Journalismus. Ich zitiere aber Wikipedia auch, weil dort jeder Journalist nachschlagen könnte, wenn er sich unsicher ist, wovon im Beruf die Rede ist, was Berufsanfängern nicht schaden kann, auch, wenn sie dann merken, dass die klaren Zuordnungen von Begriffen und deren Inhalten stark aufgeweicht wurden. (Vielleicht, weil die, die es auf Redakteursposten geschafft haben, vor lauter Karriere nie die Zeit hatten sich mit den Grundlagen auseinander zu setzen, oder, weil sie ihre Sicht der Dinge als erfolgreich erlebten und sie daher gar nicht in Frage stellten?).  
In der Praxis erlebet man häufig, dass diese Begriffe von jedem Redakteur etwas anders verstanden werden und man tut gut daran ein paar Werke gründlicher zu untersuchen, die der Redakteur als gut befunden hat, damit man weiß, wie er es denn gerne hätte. Dann erhält man mehr Aufträge, verkauft aber vielleicht einen Teil der eigenen Seele und Haltung. Im Laufe der Jahre sucht man sich besser die Redakteure, mit denen man kann, ohne sich zu verbiegen.
Anmerkung:
Nachricht, Reportage, Interview, Bericht, Kommentar, Essay, Glosse; nur zwei der sieben Begriffe stammen aus der deutschen Sprache. Auch das könnte ein Grund dafür sein, dass die Begriffe so ungenau gebraucht werden. In der Muttersprache stellen sich bei Worten sofort Bilder oder Vorstellungen ein, Begriffe erscheinen uns anschaulicher, wenn sie der Muttersprache entstammen. Beobachten sie es mal bei sich selbst, wenn die Begriffe eingedeutscht werden: 
Nachricht, Beobachtung, Befragung, Bericht, Meinung, Erörterung, heitere Ansicht.
Das wäre in anderen Sprachen natürlich ähnlich. Wobei das angelsächsische „News” ja nur „Neues, Neuigkeiten” bedeutet. Das zeigt aber auch, wie unterschiedlich die Gewichte in verschiedenen Sprachen liegen. In Deutschland gilt „neu” als das erfolgreichste Wort in der Werbung, weil es am ehesten Interesse weckt.

Das Bild oben zeigt, wie missverständlich Sprache sein kann: Ist Rohr-Ohr-Zucker gemeint, oder Roh-Rohr-Zucker? (Quelle: Zuckertüte)https://de.wikipedia.org/wiki/Kommentar_(Journalismus)https://de.wikipedia.org/wiki/Essayhttps://de.wikipedia.org/wiki/Glossehttps://de.wikipedia.org/wiki/Radio-Featureshapeimage_1_link_0shapeimage_1_link_1shapeimage_1_link_2shapeimage_1_link_3
Carl-Josef Kutzbach
Montag, 3. Oktober 2016