Pfusch 7: Kein Korrekturlesen mehr
 
Journalismus arbeitet mit Sprache. Dazu gehört:
  1. 1. die Beherrschung der Sprache,
  2. 2. sorgfältiger Umgang mit der Sprache,
  3. 3. Korrektur lesen.
Dafür haben aber immer mehr Menschen in den Redaktionen keine Zeit mehr, wie die Überschrift aus den Nachrichten des Deutschlandfunks oben zeigt.
Dasselbe findet man in vielen Medien, etwa hier:
Offenbar wurde das Wort „Morgen” ausgelassen, oder versehentlich gelöscht. Ob bei dpa, oder bei der Stuttgarter Zeitung, aus der der Ausschnitt stammt, und die dpa übernahm?
Der enorme Anstieg von Fehlern in Texten begann mit dem Wechsel vom Bleisatz zum Lichtsatz, weil dadurch Lektor, Setzer und Korrektor eingespart werden konnten und die Journalisten erstmals ihre Texte selbst in das RTS (Redaktionelles Texts-System) eingeben mussten.
Als der Spiegel damals den Umstieg wagte, nahm sich eine Deutschlehrerin die Zeit und korrigierte das Heft durch und es sah ziemlich rot angestrichen aus, weil dermaßen viele Fehler drin waren, wie bei einem mittelmäßigen Schüler.
Heute würde das kaum noch auffallen, denn die meisten Medien sind voller Fehler, weil es unbedingt schnell gehen soll, damit man mit einer Nachricht als Erster auf dem Markt ist. Zugleich wurde und wird Personal abgebaut, so dass die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter steigt. Da hilft auch die Textverarbeitung wenig, die eben nicht alle Fehler erkennen kann.
Ob es auch Möchtegern-Journalisten gibt, die meinen, sie bräuchten ihre Texte nicht noch einmal auf Fehler hin durchlesen, ist nicht bekannt.
Korrektur-lesen
Man sollte einen Text nach der Fertigstellung mindestens einmal lesen, wenn er möglichst fehlerfrei sein soll. Besser ist mehrmals, denn niemand ist vollkommen und macht deshalb keine Fehler.
Das erste Mal liest man ihn laut, um auch zu hören, ob man irgend wo stolpert, oder den Zusammenhang verliert. Auch die logische Argumentation wird beim laut Lesen überprüft.
Das zweite Mal schaut man auf die Rechtschreibung und auf die Satzzeichen.
Wer ganz sicher gehen will, liest noch ein drittes Mal und zwar rückwärts Wort für Wort, ob es richtig geschrieben ist. Rückwärts deshalb, weil einen dann der Sinn der Sätze nicht ablenkt von der Rechtschreibung.
Das kostet natürlich Zeit. Pro Manuskriptseite ungefähr 2-3 Minuten für einen Durchgang. Diese Zeit scheinen sich immer mehr Redaktionen zu sparen und das ist falsch!
Warum?
Wenn der Leser auf den ersten Blick merkt, dass ein Text nicht vollständig ist, schlampig formuliert wurde, oder nicht korrigiert und kontrolliert wurde, dann weckt das den Verdacht, dass das Medium auch mit den Inhalten, den Nachrichten und Berichten genau so schludrig umgehen könnte.
Wenn sich gar der Sinn nicht mehr erschließt und der Leser rätseln muss, wie bei der DLF-Überschrift oben, dann geht das Medium schlampig mit der Zeit des Nutzers um. Das weckt keine Freundschaft und schafft kein Vertrauen. Aber Medien müssen vertrauenswürdig sein, wenn sie der Demokratie dienen und auch, wenn sie ihr Geld wert sein sollen.
Was nützt es dem Leser, wenn er eine Nachricht zwar  ein wenig früher erhält, aber nicht weiß, was er davon halten soll, weil sie verstümmelt oder unvollständig ist?Nichts, denn er muss abwarten, ob sie korrigiert wird, oder ob er in einem anderen Medium besser informiert wird, was für den Nutzer unnötigen Aufwand bedeutet.
Bedenklich ist, dass diese Entwicklung hin zu immer schlampigeren und fehlerreicheren Texten nicht nur in den Zeitungsverlagen anzutreffen ist (siehe auch hier), sondern sogar schon in den öffentlich rechtlichen Medien, ja sogar im Deutschlandfunk!
 
Carl-Josef Kutzbach
Mittwoch, 6. November 2019