Deutschlandfunk - Neues Webseiten-Design
 
Seit Samstag 13.11.2021 hat die Internet-Seite des Deutschlandfunks und des Deutschlandradios ein neues Design.  Wenn man die Nachrichtenseite vergleicht, ist eigentlich sofort klar, dass das keine Verbesserung ist.
 
Da ich keinen Zugriff mehr auf die alte Nachrichtenseite habe, muss ich sie an Hand dieser Seite erklären. Sobald man die Seite öffnete sah man hier ( roter Strich ) eine Liste von Themen vor sich, die man bei Interesse anklickte. Erst dann öffnete sich eine Nachricht, so wie hier. Man hatte also mit einem Blick die Übersicht, ob sich seit dem letzten Aufrufen der Nachrichten etwas getan, oder verändert hatte.
Der frühere Nachrichtenblock, oberhalb der Bilder, sah so aus
 
Den findet man jetzt unter „Nachrichten zum Nachlesen”
Zum Vergleich die neues Seite, die ich aus drei Teilen zusammensetzen muss, weil sie so umfangreich ist:
 
Allein schon der Umfang zeigt, dass diese Seite nicht mehr der raschen Information dient.
Lauter Bilder, die bei Nachrichten oft wenig hilfreich sind, um nicht von „nichts-sagend” zu sprechen, erschweren die Übersicht.
Warum manche Bilder größer sind als Andere, erschließt sich auf Anhieb nicht. soll das die Wichtigkeit der Nachricht betonen? Eher nicht, denn das große Bild ist offenbar der „Aufmacher” eines Abschnittes, wie die blauen Linien nahe legen. Die Titel sind: Kultur, Wissen und Sport.
 
Hier der nächste Teil ( Die Überlappung dient der Orientierung):
 
 
Auf schwarzem Grund kommen plötzlich größere Formate.
Das obere verspricht „vertiefte Nachrichten“, das untere die Presseschau.
Auch hier sind wieder Bilder gewählt worden, auf die man gut verzichten könnte. Und die Seite ist immer noch nicht zu Ende:
 
 
 
 
 
 
 
 
Darunter  ( wieder mit Überlappung ) dann weiter Links und das Angebot der „Nachrichten in leichter Sprache“.
Die neue Seite ist ungefähr 2,7 mal so lang und erfordert vom Benutzer mehrfaches Blättern. Dafür bekommt man einen „Kessel Buntes”, aber nichts, was eine rasche Orientierung erlaubte.
Dahinter steckt das kommerzielle Webseiten die Nutzer fesseln sollen, damit Werbung zugespielt werden kann, statt ihnen eine rasche Orientierung zu ermöglichen, wie es bei Zeitungen durch ihr Layout üblich war. Das Design hat sich dem Kommerz unter geordnet. Warum das der ( werbefreie ) DLF auch so meint machen zu müssen?
Warum soll der Benutzer suchen, wo seine gespeicherten Links zu Beiträgen und Sendungen hin gekommen sind? Warum hat man teilweise keine Weiterleitungen eingerichtet?
Schaut man sich die Seite genauer an, ist das Drucker-Symbol weg gefallen, durch das man Seiten als pdf speichern konnte, um sie zu archivieren.
Was sagt denn der Sender selbst?
„Neu” und „modern” sind ziemlich abgedroschene Werbeworte. „einhergehend” ist völlig überflüssig… Wer alles nachlesen will, hier der Link:
Dort steht:
„Nachdem wir Anfang 2021 unsere Webseiten auf eine Version umgestellt haben, die sie auf Smartphones besser nutzbar machen,
gehen wir mit der Einführung eines neuen Content-Management-Systems den nächsten Schritt: Die Technik im Hintergrund ist erneuert. Mit einem neuen Player, verbessertem Design und einer funktionaleren Programmvor- und -rückschau können wir den Bedürfnissen unserer Nutzerinnen und Nutzer besser gerecht werden.”
 
Was heißt denn das? Anfang des Jahres hat man etwas verändert und ändert nun wieder etwas, und erklärt das mit Begriffen, die dem Laien nichts sagen, aber mit den werbenden Floskeln „neu”, „besser”, „verbessert”, „nutzbar”, „gerecht”. Bei so viel Eigenlob hätte meine Großmutter gesagt: „Es stinkt!”
Wenn man ein Design erklären muss, dann ist die Kommunikationsaufgabe des Designs schon halb gescheitert. Gutes Design ist selbst-erklärend!
Man hat also die Gestaltung der Internetseite auf das Smart-Phone ausgerichtet. Das merkt man bei der Länge der Seiten, die sich zwar mit Wischen flott bewegen ließen, aber nicht gezielt und rasch zugleich mit Maus, Tastatur oder Stift.
Diesen Fehler, den hier der Deutschlandfunk macht, begehen viele Seitengestalter. Bei der Süddeutschen Zeitung muss man 27 mal blättern (scrollen), um einen Überblick zu gewinnen. Bei Deutschlandradio Kultur sind es nur 19 mal! Das macht keinen Spaß und kostet Zeit und Nerven, zumal viele Beiträge dort länger stehen, also keine Neuigkeiten mehr sind.
Man braucht sich nur einmal die verschiedenen Formate von Bildschirm, Tablett, Smart-Phone anzusehen, um zu merken, dass  die nicht gleich sind. Man hat also die Wahl entweder - wie auf dieser Seite - Texte auf eine Lese-freundliche Breite zu beschränken und Bilder ebenso, oder man lässt die Technik im Hintergrund je nach Endgerät andere Varianten der Seite aufbauen, was aufwändiger ist und oft schief geht, weil dann Elemente ( Tasten, Texte und sogar Bilder ) sich überlagern und nicht so funktionieren, wie sie sollen. ( Von wegen „Content-Management-System”, also „Einrichtung um Zufriedenheit zu schaffen”! Wessen Zufriedenheit? Anbieter, Werbung, oder Benutzer? )
Interessant finde ich auch diese Auskunft:
Wieso gibt Deutschlandradio für solche Dinge Geld aus?
Unser Auftrag als öffentlich-rechtlicher Sender besagt, dass wir digital wie auch linear unsere Hörerinnen und User erreichen müssen. Mit einer viele Jahre alten Website können wir den Bedürfnissen von Nutzerinnen und Nutzern nicht mehr gerecht werden.
Man will also mit der Mode gehen, denn die Bedürfnisse der Menschen werden eigentlich durch die Inhalte befriedigt. Die Form, das Design der Darbietung soll diese Inhalte transportieren. Heute geht die Tendenz dahin, dass die Form als wichtiger angesehen wird, als die Inhalte.
Dahinter steckt ein mangelhaftes Verständnis vom Menschen. Der ist froh, wenn er etwas gelernt hat, was er nun sein Leben lang benutzen kann, etwa eine Fremdsprache, Mathematik, den Gebrauch von Werkzeugen und Maschinen. Lernen schafft einerseits neue Freiräume, aber andererseits auch Sicherheit im Umgang mit Anderen und der Welt, eben, weil man sich auskennt und Bescheid weiß.
Nur die Gestalter von Internetseiten meinen, man müsse die Benutzer alle paar Jahre mit neuen Gestaltungen verwirren, die Unsicherheit, Ärger und Zeitverluste schaffen. Offenbar glauben das die Auftraggeber brav und den Benutzern wird das auch wortreich erklärt:
In eigener Sache - Neue Website von Deutschlandfunk Kultur
In den letzten Jahren haben wir viel konstruktives Feedback von Userinnen und Usern erhalten - zu Inhalten, Sendungen, unserem Design und Auftritt. Mit dem Relaunch unserer Internetseite erwartet Sie nun eine Website in einer modernen und frischen Gestalt.
Man hat als Erstes den Eindruck, dass die Autoren unfähig sind den Sachverhalt in klaren Sätzen auf deutsch auszudrücken. Ob sie es in English könnten, darf ebenfalls bezweifelt werden. Was steht denn da eigentlich:
Es gab viel Kritik ( Zuspruch und Ablehnung ) zu allem, was der Sender macht. Die neue Internet-Seite soll diese Anregungen aufnehmen.
Was eine „moderne und frische Gestalt” sein soll, obwohl es sich um durch Regeln gesteuerte elektronische Impulse zur Darstellung von Inhalten handelt, ist vielleicht den Autoren selbst nicht so ganz klar, Hauptsache es klingt gut.
„Moderner und luftiger”, das sind Kriterien, die überhaupt nichts über die Qualität der Inhalte sagen, sondern nur über die Form. Auf mich wirken beide Seiten überladen, wenig klar und wenig einladend.
Von der Komplexität unserer bisherigen Navigation haben wir uns verabschiedet und radikal verschlankt: Die wichtigsten Einstiege sind nun klar benannt und leicht zu erreichen.
Das bedeutet, der Benutzer kann den Seitenaufbau, wie er ihn im Kopf hatte, vergessen und muss umlernen. Dafür darf er dann auch die im Laufe der Zeit gesammelten Links löschen und durch neue ersetzen. Na viel Spaß bei dieser Beschäftigungstherapie!
 Ein neuer Player am unteren Bildschirmrand sorgt für Übersichtlichkeit.
14 Knöpfe mit Texten drin, die man lesen muss, um zu wissen, welchen Knopf man drücken soll. Welche enorme Erleichterung! Vor allem, da diese Knöpfe nicht auf allen Seiten erscheinen.
Die Ausrichtung der Seite auf Smart-Phones hat Folgen:
Durch ein modernes und luftiges Layout mit einer optimierten Typografie lassen sich unsere Beiträge nun leichter lesen – egal ob auf einem großen Bildschirm oder auf einem Smartphone. Große Bilder und gut sichtbare Elemente führen Sie durch den Text.
Genau diese großen Bilder benötigen aber mehr Fläche und dehnen das Layout aus, so dass die Benutzer am Bildschirm (und viele Ältere lesen gerne am Bildschirm, weil man da die Schriftgröße leichter einstellen kann ) eine unübersichtliche Darstellung bekommen, durch die sie mühsam und oft blättern sollen.
Größere Seiten benötigen auch mehr Bandbreite bei der Übertragung im Internet, oder sie erscheinen langsamer auf dem Schirm des Nutzers, erhöhen also die Umweltbelastung und den Stromverbrauch. Angesichts des Klimawandels ist das eine längst überholte Form der Darbietung. Knapp, klar und gut lesbar, ja das wäre nötig. Die häufig überflüssigen Bilder könnte man getrost reduzieren. Aber viele Nutzer orientieren sich nicht mehr am Text, sondern an den Bildern.
Wenn man sich den Spaß macht und die Bilder blockiert - was nicht ganz trivial ist - dann sieht man erst, wie wenig nahrhaftes an Information auf solchen „modernen” Seiten übrig bleibt, die auf das Smart-Phone ( das am wenigsten geeignete Gerät zum Lesen größerer Texte ) ausgerichtet sind. Dass damit die Zahl der Kurzsichtigen gesteigert wird, ist auch nicht wünschenswert.
 
Was haben sich die Macher dabei gedacht?
Dazu gibt es einen Blick hinter die Kulissen. Da heißt es:
Die Website von Deutschlandfunk Kultur erhält am 13. November ein moderneres Design. Wie genau ein solcher Prozess abläuft und welche inhaltlichen und strategischen Gedanken hinter dem neuen Design stecken, zeigt ein Blick hinter die Kulissen.
Der Text verrät gleich, wo die Fehler gemacht wurden:
Zu Beginn haben wir uns auf das digitale Umfeld konzentriert, in dem wir uns als öffentlich-rechtlicher Radiosender bewegen. Dabei hatten wir Fragen im Blick wie: Was ist möglich, was beeindruckt uns und wie wollen wir digital auftreten?
Man ging von sich selbst aus. Das ist etwa so gescheit, wie wenn ein Angler meint, der Köder müsse ihm schmecken und nicht dem Fisch. Diese Ich-Bezogenheit ist ein heute weit verbreiteter Fehler. Dienst am Kunden wäre die Aufgabe!
Dann wird es für einen ernst zu nehmenden Radiosender lächerlich, weil die Autoren meinen, dass
vor allem die Bildsprache ein essentieller Bestandteil unseres digitalen Auftritts
sei. Ein Radio sendet keine Bilder, das sollte man dem Fernsehen überlassen! Und das, was - an möglichst billigen und damit auch meist schlechten Bildern - von Radiomachern ausgewählt wird, die dafür nicht ausgebildet sind, ist ungefähr so gut, wie die Podcasts oder Videos von Zeitungsjournalisten. Man sollte bei dem Handwerk bleiben, das man beherrscht.
Ein wichtiger Punkt bei der Auswahl des visuellen Kompasses war das Verhältnis innerhalb unserer Markenfamilie. Unsere "Geschwister" Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Nova sollten im Design erkennbar sein, trotzdem sollte ihre Eigenständigkeit auf den jeweiligen Webseiten erkennbar sein. Wir entschieden uns für eine Bildsprache, die vom Stil her eher an Magazine erinnert, als an eine Nachrichtenseite: Verspielter, künstlerischer und mit einem Schwerpunkt auf kräftigen Farben und Illustrationen.
Welch schönes Geschwurbel! Na dann wundert einen nicht mehr, wenn die Webseite sich nicht an den Bedürfnissen der Nutzer orientiert, sondern an dem, was den Machern gefällt.
Unsere Seite soll ein Anlaufpunkt für Menschen sein, die an Kulturthemen und gesellschaftlichen Debatten interessiert sind, und die auch gerne mal der Hektik des Nachrichtenalltags entkommen wollen. Sie soll Orientierung bieten, zeitlos, aber auch vielschichtig sein.
Allen Menschen wohl getan,
ist eine Kunst die niemand kann!
schrieb schon Johann Peter Hebel ( *1760 - †1826 ). Ein Kessel Buntes dient niemand richtig, bietet aber allen irgend etwas, ist also x-beliebig.
Unsere neue Seite muss also so aufgebaut sein, dass Stammhörer sich orientieren können, aber auch neue Nutzerinnen sofort verstehen, wie sie Inhalte finden können.
Das ist eine überraschende und tiefe Erkenntnis, das Webseiten sowohl denen, die sie bereits kennen, als auch neuen Besuchern nützlich sein sollten.die nur leider auch auf fast alle anderen Webseiten zutrifft. Auch dieser Text enthält sehr viel Selbstverständliches und viel heiße Luft.
Das Ergebnis überzeugt noch keineswegs. Hier die Nachrichten zum Nachlesen:
Aber, wenn man dann anklickt , erhält man dieses Bild:
Der Text, auf den es einem ankäme, befindet sich unterhalt des Bildschirmrandes, weil das große Bild (das gefühlt hundertste Virusmodell ) den Text so weit nach unten verdrängt, das man blättern (scrollen ) müsste, um ihn zu lesen. Übrigens bei fast allen der obigen Nachrichten.
Fazit:
  1. Schon der Ansatz, dass die Seite den Machern gefallen müsse ist falsch. Der Köder muss dem Fisch schmecken!
  2. Das Wissen der Nutzer über die bisherige Seite wurde schlagartig entwertet.
  3. Die Ausrichtung auf das Smart-Phone als wichtigstem Gerät zur Anzeige, ist fragwürdig, weil es das am wenigsten dafür geeignete Gerät ist und mit seinem „Mäusekino” beim Lesen eher zur Kurzsichtigkeit führt. Man rennt hier einer Mode nach, statt zu machen, was vernünftig wäre.
  4. Eine derartig weitreichende Umstellung stellt dem Sender ein schlechtes Zeugnis aus, denn die bisherige Seite muss ja eine Zumutung gewesen sein, wenn man so viel ändern musste.
  5. In Wirklichkeit wäre vermutlich eine behutsame langsame Weiterentwicklung der bisherigen Seite für die Benutzer angenehmer gewesen, aber vielleicht für die Macher mehr Arbeit.
  6. Der Mensch will das, was er gelernt hat, möglichst lange nutzen können. Wer ihm das erschwert, macht sich unbeliebt und vergeudet menschliche Energie für unnötiges erneutes Lernen.
 
Das Bild oben zeigt das, was viele Nutzer des Deutschlandfunks am 13.11.2013 zu sehen bekamen, als sie Links zum Sender öffneten.
 
Carl-Josef Kutzbach
Sonntag, 14. November 2021