Wie man Leser verliert
 
Am 20.10.2022 stellte die Stuttgarter Zeitung die oben abgebildete Frage. Abgesehen einmal davon, dass es zum kleinen Einmaleins des Journalismus gehört, dass Überschriften Fakten beschreiben und keine Fragen stellen, erwartet der Leser nun eine Antwort. Etwa 500 €, oder irgend eine andere konkrete Zahl.
Woher weiß die StZ das denn? Das ist doch bisher nur eine Absichtserklärung der zukünftigen Regierungskoalition. Also klickt man gespannt den Beitrag an, um am Ende zu lesen:
„Bis ein endgültiger und ausführlicher Koalitionsvertrag fest steht, kann man über die genaue Höhe des Bürgergeldes jedoch nur mutmaßen.“
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ende-von-hartz-iv-wie-hoch-ist-das-buergergeld.f00192b9-03fa-44b5- a8da-a513ef26a471.html
Die StZ hat also eine Überschrift in Frageform gewählt, um die Leser neugierig zu machen, obwohl sie die Antwort nicht weiß. Der Leser fühlt sich veräppelt. „Clickbaiting“ ( zu deutsch ungefähr: „Zu Klicks verleiten“ ) nennt sich das. Seriös ist es nicht. Es ist auch nicht die Aufgabe des Journalismus Leser in die Irre zu führen. Wohin das führt, wenn Zeitungen ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen, liest man in der Süddeutschen Zeitung am selben Tag:
"Wenn es keine Lokalzeitung mehr gibt, die der Wirtschaft vor Ort auf die Finger schaut, begreifen das viele Firmen ganz offensichtlich als Freifahrtschein für Betrug und Regelverletzungen", sagt Heese, der an der Elite-Universität Harvard seit Jahren zum Thema unternehmerisches Fehlverhalten forscht.“
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lokalzeitungen-umweltkriminalitaet-studie-1.5444839

Fast genau so schlimm, wie das Zeitungssterben, ist der Verlust an Seriosität. Zweiter Versuch die Leser zu veräppeln und Ihnen Zeit zu stehlen:


Die Antwort am Ende des Beitrags ist nicht überraschend:



Die Antwort ist keine Überraschung, sondern das, was der gebildete Leser längst weiß, dessen Zeit aber die StZ nun verplempert hat.
Wenn die StZ ihren Lesern in Überschriften die Antwort auf Fragen verspricht, die sie selbst nicht kennt, ist das unseriös. Die StZ braucht sich nicht wundern, wenn die Leser nach ein paar Reinfällen dieser Art keine Artikel mehr anklicken, die Antworten auf irgend welche Fragen versprechen.
Wie sagte meine Großmutter:
Wer einmal lügt,
dem glaubt man nicht,
und wenn er auch die Wahrheit spricht!
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.ende-von-hartz-iv-wie-hoch-ist-das-buergergeld.f00192b9-03fa-44b5-%20a8da-a513ef26a471.htmlhttps://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lokalzeitungen-umweltkriminalitaet-studie-1.5444839shapeimage_1_link_0shapeimage_1_link_1
Carl-Josef Kutzbach
Montag, 21. November 2022